„Arschlöcher aus München“ – Fristlose Kündigung und Schmerzensgeld für Vermieter
Urteilsdatum: 12.08.2021
Eine öffentliche Beleidigung durch einen Prominenten in einer Fernsehsendung („Diese Arschlöcher aus München“) mit dem Zusatz „Meine Waffe ist die Öffentlichkeit“ rechtfertigt die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses sowie ein angemessenes Schmerzensgeld für den Vermieter.
Der Vermieter kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund fristlos kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls insbesondere eines Verschuldens des Mieters und unter Abwägung beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 BGB). Nach ständiger Rechtsprechung kann sich die Unzumutbarkeit für den Vermieter auch aus einer groben Beleidigung des Vermieters, seiner Angehörigen aber auch von Mitbewohnern des Hauses ergeben. Dies kann auch dann gelten, wenn das Mietverhältnis bereits mehr als 50 Jahre bestanden hat.
Zwischen dem bekannten Musiker Frank Zander („Hier kommt Kurt“), der auf Ibiza sowie in einer seit 1967 gemieteten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Charlottenburg lebt und einem Unternehmer aus München-Pullach, der das Haus gekauft hat, entzündete sich anlässlich einer Dachsanierung ein massiver Streit. Frank Zander und seine Ehefrau hatten sich von der Baustelle in ihrem Haus insbesondere während des Corona-Lockdowns massiv beeinträchtigt gefühlt. Nach mehreren Vorfällen eskalierte der Streit. In einem Podcast der Moderatorin eines Fernsehsenders erklärte Zander auf die Frage, wer ihn ärgere, „Das sind eben die neuen Hauseigentümer, irgendeine Vereinigung von Idioten aus München, die haben sich zusammengerottet und das Haus gekauft“. „Musikern, Theater und so, denen geht es richtig dreckig, aber der Baubranche und diesen Arschlöchern aus München…“, „Meine Waffe ist die Öffentlichkeit“.
Dazu stellte das AG Charlottenburg fest, dass diese Äußerungen nicht im Affekt oder aufgrund einer Provokation getätigt wurden, was einer Abmilderung der Vorwürfe hätte führen können. Die besondere Schwere der Äußerungen, welche zu der Begründetheit eines Schmerzensgeldanspruchs führen, sah das Gericht gegeben, weil diese Äußerungen in einem Medium mit einer sehr hohen Öffentlichkeitswirksamkeit getätigt wurden und Zander seine Prominenz und das daraus folgende Interesse der Öffentlichkeit an seinen Äußerungen bewusst genutzt hat. Ein Schmerzensgeldanspruch war auch aus dem Gesichtspunkt der Genugtuung zuzusprechen, da sich der Beklagte mit Ausnahme der abgegebenen Unterlassungserklärung nicht – und insgesamt nicht freiwillig – von seiner Äußerung distanziert oder sich in angemessener Weise bei dem Kläger für diese entschuldigt hat. Seine Ehefrau als Mitmieterin der Wohnung muss sich die Vertragsverletzung ihres Ehemanns als Mieter zurechnen lassen, da auch sie sich nicht unverzüglich nachhaltig von dieser distanziert hat. Dementsprechend wurden beide zur Räumung der Wohnung verurteilt (AG Berlin-Charlottenburg, Urteil v. 12.08.2021, 210 C 198/20, GE 2021, S. 1128).
24.11.2021
Erhöhung der Indexmiete – BGH lehnt Spitzfindigkeiten ab
Urteilsdatum: 26.05.2021
Bei Abschluss des Mietvertrages kann auch bei Wohnräumen die künftige Entwicklung der Miete an den Lebenshaltungskostenindex gekoppelt werden (§ 557b BGB). Mieterhöhungen können dann auf die Erhöhung des Index gestützt und müssen nicht mit Mietspiegel oder Vergleichsmieten begründet werden (siehe § 4 Abs. 1 des Formularmietvertrages für Wohnraum sowie Formblatt 17a des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung e.V.).
Die Anforderungen an die Indexklausel dürfen nach einem neuen Urteil des BGH nicht überspannt werden. So macht z.B. die fehlende Angabe des Basisjahres des Verbraucherpreisindexes die Klausel nicht intransparent und unwirksam. Durch Auslegung der Klausel ergibt sich, dass es sich um das Basisjahr des Vertragsschlusses handeln muss. Unschädlich ist ferner, wenn in der Klausel nicht genannt ist, ab wann die Jahresfrist beginnt, in der die Miete unverändert sein muss. Auch insofern ergibt sich durch Auslegung, dass auf den Beginn des Mietverhältnisses abzustellen ist. Auch das Argument des Mieters, es sei nicht zu erkennen, ob sich die Kalt- oder Warmmiete erhöhe, führt nicht zu Unwirksamkeit der Klausel. Worauf sich die Indexierung bezieht, richtet sich nach der Mietstruktur des konkreten Vertrages. Vorliegend sind dabei die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten als variable, verbrauchsabhängige Kosten nicht von der Indexierung erfasst. Eine Klausel ist auch nicht deshalb intransparent, weil in ihr nicht angegeben ist, ob sich die Anpassung der Nettokaltmiete nach dem Jahres- oder dem Monatsverbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts richtet. Aus der monatlich zu entrichtenden Miete ergibt sich nach eindeutiger Auslegung, dass der Monatsverbraucherpreisindex maßgebend ist. Letztlich weist der BGH auch nochmals daraufhin, dass zur formellen Wirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung der Preisindex nicht beigefügt werden muss (BGH, Urteil v. 26.05.2021, VIII ZR 42/20).
31.08.2021